Ein Projekt neigt sich dem vorläufigen Ende und es ist Zeit für Rachel’s (vorerst) letzte Antwort auf eine Frage der Nachhaltigkeit.
Kann man überhaupt ruhigen Gewissens Milch-und Milchprodukte konsumieren?
Habt ihr euch das eigentlich auch schon einmal gefragt? Seit unserem Urlaub auf dem Bauernhof stecken wir mitten in Gedanken rund um diese Frage.
Wie es Rachel damit geht erfahrt ihr jetzt:
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Herzlich willkommen zur Frage der Nachhaltigkeit. Nehmt Platz. Ein Glas Milch gefällig und ein paar Kekse? Oder lieber ein Wurstbrot? Letzte Woche ging es auf meinem Blog um die Frage nach der Wahl. Denn, wie Alex glaube auch ich, wir haben immer eine Wahl. Heute geht es um den Konsum von Milchprodukten. Denn du, liebe Alex hast mich gefragt, wie das bei uns ist? „Du lebst mit deiner Familie auf dem Land und ihr ward ein paar Monate auf verschiedenen Bauernhöfen unterwegs – Stichwort WWOOFing.“ Richtig. Und die Antwort wird kompliziert, vielleicht aber auch einfach nur anders als erwartet.
Für oder gegen den Konsum von Milchprodukten
Die Frage ist einfach, aber ihre Beantwortung in drei Sätzen fällt mir schwer. Das versuche ich, nachdem ich euch unsere Geschichte erzählt habe.
Fleischesser
Wir waren schon immer ganz gewöhnliche Omnivoren (so nennen sich Allesesser). Irgendwann habe ich dann Bücher gelesen, die ich schon seit langer Zeit mal hatte lesen wollen. Welche das waren und was sie mit uns gemacht haben, könnt ihr in diesem Artikel hier nachlesen.
WWOOF en
2014 waren wir als vierköpfige Familie WWOOFen in Skandinavien. Worum es sich dabei handelt, findet ihr hier. In aller Kürze: Wir haben immer für eine bestimmte Zeitspanne auf Bauernhöfen und bei Selbstversorgern gelebt. Wir erhielten Kost und Logis und boten im Austausch dazu unsere Arbeitskraft, um Zäune zu reparieren, Brote zu backen, im Küchengarten Unkraut zu jäten und Tomatenstauden zu retten.
Als Fast-Veganer los
Damals hatten wir nach dem ein oder anderen Projekt, nach meinen Informationen aus diversen Büchern und nach dem Ausprobieren ganz neuer Rezepte für uns entschieden, uns weitestgehend vegan zu ernähren. Die Jungs durften frei entscheiden, wenngleich sie durch unseren umgestellten Essens- und Einkaufsplan – zumindest Zuhause – vegetarisch aßen. Dann fuhren wir los und wurden plötzlich damit konfrontiert, dass diese anderen Menschen, die ebenfalls mit Tieren zusammenlebten, die sich jeden Tag bewusst für eine bestimmte Art zu leben entschieden, Fleisch aßen. Nicht nur irgendwelches Fleisch, sondern das Fleisch ihrer „Haustiere“.
Fleisch oder Milch
Eine unserer Diskussionen endete in der Aussage, dass „auf Fleisch verzichten recht inkonsequent sei. Schließlich leiden Kühe ein Leben lang, damit wir die unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen an Joghurt genießen können, einen Joghurt-Drink hinterher kippen und zum Abschluss des Vier-Gänge-Menüs eine große Käseplatte servieren.“ Veganer zu sein, sei nur konsequent.
Diese Aussage machte mich damals sehr nachdenklich.
Vegetarische Allesesser mit einem Hang zum veganen Lifestyle
Zwei Tage später fragten uns die Gasteltern, ob es für uns ein Problem sein, die zwei Schafe zu schlachten. Welche Schafe? Etwa die, mit denen wir die erste Woche zusammen auf einer großen Wiese übernachtet hatten? Die Schafe, die uns zu Beginn eines Tages mit ihrem zarten Maul anstupsten? Die Schafe, die uns abends zum Bauwagen begleiteten?
Es war ein Prozess. Letzten Endes haben wir die Schafe mit geschlachtet. Sie wurden bis auf die Knochen komplett verwertet. Noch heute fragt mich mein Sohn, ob wir nochmal Schaf essen könnten? Ja, wir sind damals sehr bewusst Fleischesser gewesen. Das Tier wurde von Anfang an bis zum Ende wertgeschätzt. Die Familie konnte vier Monate von dem Fleisch der Tiere leben, andere bewirten und haben ganz anders dieses Fleisch konsumiert als es heute durch Massentierhaltung vorgegeben wird. Inzwischen herrscht landläufig die Meinung, dass es ganz normal ist, Tiere auf engstem Raum zu halten, sie ihren Muttertieren zu entziehen oder zu schreddern, weil sie nun mal das „falsche“ Geschlecht haben.
So haben wir alle mehr als ausreichend Erdbeermilch und genügend Eier, die wir, sobald sie über das Mindesthaltbarkeitsdatum in der Vorratskammer lagern, im Abfalleimer entsorgen. Was unseren Umgang mit Tieren und dem, was uns anvertraut ist, betrifft, bin ich inzwischen leicht zynisch. Ich weiß, dass so mancher Vegetarier mich auch mit zusammengezogenen Augenbrauen anschaut. Auch Veganer tun das. Und ebenso die Fleischesser.
Da ich es niemandem recht mache, habe ich beschlossen, es nur noch mir und den Tieren recht zu machen. Ja, ich esse Fleisch.
a) Dann, wenn ich weiß, dem Tier ging es gut, es handelt sich nicht um Supermarkt-Massentierhaltungs-Fleisch. Denn dass das grüne Etikett auf der Verpackung wirklich den Unterschied macht, glaube ich nicht.
b) Wenn meine Söhne Fleisch essen wollen, gehe ich zum Metzger, von dem ich weiß, dass er schlachtet. Und zwar so viel, dass er sein Geschäft am Laufen hält.
c) Wenn meine Kinder Fleisch essen wollen und das Fleisch nicht leer essen. Dass ein Tier umsonst gestorben ist, ertrage ich noch viel weniger als es zu essen. Ja, das ist so.Was ist mit den Milchprodukten?
Du hast recht, Alex, was ist denn nun mit den Milchprodukten? Auf die verzichte ich bis auf Käse und den Schluck Milch im Kaffee sehr konsequent. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich zuletzt einen Trinkjoghurt oder Quark auf dem Brot gegessen habe.
Meine 5 Tipps zum Umgang mit Milchprodukten und Fleisch
Mein Tipp ist nicht, verzichte auf Fleisch. Und auch nicht, fass keinen Käse mehr an. Was ich aber tatsächlich glaube, dass wir wieder näher an das herankommen müssen, was wir essen. Und dabei helfen diese fünf Tipps.
- Stell Fragen. Woher kommt meine Milch? …
- Mach dich auf die Suche nach Menschen, die Nahrungsmittel herstellen.
- Komm ins Gespräch mit diesen Bäckern, Bauern, Müllern, Gärtnern, Hühnerstallbesitzern und Imkern und sammle Informationen.
- Sieh dir die Tiere an, deren Produkte auf deinen Teller oder in dein Glas gelangen.
- Entscheide, ob du den Konsum vertreten kannst.
Bei uns haben diese Fragen dazu geführt, dass zumindest ich nur noch beim Metzger Fleisch kaufe. Bei Milch und Joghurt im Glas greife ich auf Bio und Demeter zurück. Honig versuche ich konsequent beim Imker im Nachbarort zu erstehen, bin dzbgl Anfang des Jahres jedoch ins „Schludern“ gekommen. Eier schenken uns ganz oft Freunde oder ich kaufe die vom nahegelegenen Bio-Eier-Bauern.
Auch wenn das nichts für leichte Nerven ist, wir sollten wissen, wie die Tiere hausen, deren Fleisch wir verzehren. Wir sollten wissen von Brustentzündungen und Antibiotika-Einsatz, damit diese Tiere überhaupt alt genug werden, um sie zu verzehren. Vielleicht höre ich mich an wie eine Tieraktivistin. Vielleicht auch nicht, wenn ich sage, wir essen das Fleisch von Tieren, die wir kennen.
Das da oben ist unsere Entwicklung als Familie, auf diese Weise gehen wir mit dem Thema um. Und ob ich meinen Kindern sage, dass sie ihre Milch leer trinken sollen? Entgegen dem Konzept „unerzogen“ oder „AP“ – na klar! Ich finde, sie sollten wissen, dass es sonst keine Milch mehr gibt. Ich möchte, dass sie sich ganz genau überlegen und lernen wertzuschätzen, wovon wir uns ernähren.
Gemeinsam sind wir stark
Liebe Alex, es ist wie so oft in unserer Frage der Nachhaltigkeit: Es gibt nicht DIE Lösung. Aber ich glaube, darauf kommt es auch nicht an. Vielmehr auf den Weg zu einer Entscheidung. Ich glaube, wir müssen lernen nachzufragen, zu hinterfragen und dann auszuprobieren. Mut zu machen, es anders zu versuchen. Das lese ich aus unserem Gespräch heraus. Was mich am allermeisten beim Lesen deiner Antworten motiviert hat, war das Erleben, dass wir beide das Bedürfnis daran haben, die Welt zum Guten zu verändern.
Meine Erfahrung der vergangenen fünf Jahre: Da draußen sind noch so viel mehr von uns. Ihr alle! Wenn wir uns zusammen tun, sind wir stark. So stark, Einfluss zu nehmen und dagegen zu wirken. Zumindest rede ich mir das ein. Jetzt endet unser Projekt vorerst. Ich freu mich jedoch schon wahnsinnig auf kommendes Jahr. Dann starten wir wieder durch mit unserer Frage der Nachhaltigkeit und nehmen euch wieder mit in unser Gedankensammelsurium. Was denkt ihr?
Dir an dieser Stelle schon mal vielen Dank fürs Lostreten. Das ist ein tolles Projekt und vielleicht finden wir Menschen, die mitmachen und sich mit uns gemeinsam unterhalten wollen?!?
Liebe Rachel!
Ich kann dir nur beipflichten :-). Vielen Dank für dieses tolle Projekt und deine wunderbar nachdenklichen Antworten. Überhaupt Danke fürs gemeinsam denken. Das hat mir großen Spaß gemacht.
Und ja! Zusammen sind wir stark! Lasst uns gemeinsam denken und handeln und die Welt verändern!
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Danke für den Beitrag.
Ich kann nur jeden raten, den Film „Das System Milch“ anzuschauen.
Den Film gibt es ab 05Oktober als DVD, bis dahin läuft er in ausgewählten Kinos.
Hallo liebe Ariane,
Danke für den Film-Tipp. Der steht bereits ganz oben auf meiner Liste. Wir brauchen nur noch einen Babysitter ;-)!
Alles Liebe
Alex
Liebe Alex,
morgen kommt ja die DVD raus…dann geht es vielleicht ohne Babysitter.
Da hast du recht liebe Ariane !
Liebe Alex und liebe Rachel, das ist wirklcih ein toller Austausch, den ihr da ins Leben gerufen habt. Und ich finde es toll, dass ihr Eure Erfahrungen als WOOFER gemacht habt. Als meine Eltern selbst noch ihre Farm in der Toscana hatten, haben sie WOOFER aus aller Welt beherbergt. Das war toll – auch wenn es keine Tiere gab, sondern Gemüse, Olivenbäume und Weinreben. Danke für diesen Artikel, der mir aus der Seele spricht.
Liebe Verena,
total gern geschehen!
Es freut mich so, dass dir unser gemeinsames Denken gefallen hat und ich hoffe sehr, dass es im neuen Jahr noch mehr davon gibt.
Ganz liebe Grüße
Alex
[…] livelifegreen.de schreibt Alex. Mutter, Biologin und eine ganz tolle Frau, die ihr durch die Frage der Nachhaltigkeit schon kennengelernt haben könntet. Dieses Projekt haben wir von den Sommer- bis zu den […]