Es ist Zeit für Rachels Antwort auf Frage#2 unserer Serie eine Frage der Nachhaltigkeit:
Sind Stoffwindeln wirklich nachhaltig?
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So, Alex. Du willst also wissen, wie das mit Stoffwindeln ausschaut und ob sie wirklich so viel nachhaltiger sind als zum Beispiel Öko-Wegwerfwindeln?
Stoffwindeln von Anfang an
Zunächst einmal: Wir haben Stoffwindeln auch nicht von Anfang an benutzt. Als meine Hebamme beim ersten Kind meinte, dass ich doch sicher mit Stoffwindeln wickeln wollen würde, war ich erstmal ziemlich baff. Wie konnte sie bloß auf eine solch abstruse Idee kommen? Ich kannte Stoffwindeln noch von der Babyzeit meiner Schwester. Meine Mutter hat sie damals eine zeitlang mit Mullwindeln und dem ganzen Brimborium gewickelt. Ich habe mal bei ihr nachgefragt: Das war wohl nur für einen gewissen Zeitraum, weil diverse Wegwerfwindel-Marken zu dieser Zeit so richtig auf dem Vormarsch waren und das Auskochen der Mullwindeln ziemlich eklig und Zeit aufwendig.
Das war so überhaupt gar nicht meine Vorstellung vom Wickeln beim ersten Kind. Nope! Ich hatte ja schon Angst davor das Füttern, sprich Stillen des Babys zu vergessen, da kam weitere Stress mit originell, alternativem Wickeln so gar nicht in Frage. Von daher haben wir unsere Kinder nicht alle von Anfang an mit Stoffwindeln gewickelt, denn wir kannten die einfachen Optionen ja noch gar nicht. Dieses nachhaltigere Wickeln begann sogar erst, als ich nach anderthalb Jahren von diesen „anderen“ Stoffwindeln über eine Freundin hörte. Als ich dann das zweite Mal schwanger war, rentierte sich auch die Anschaffung der Stoffwindeln.
Hinzukommt, dass wir unsere Kinder auch nicht nur mit Stoffwindeln gewickelt haben. Das hat tatsächlich was damit zu tun, dass sich die Investition insgesamt lohnen sollte und wir an anderer Stelle keinen Schaden davon tragen wollten. Wie ich das meine? Also, ich fang mal bei der Frage an, ob Stoffwindeln wirklich so viel nachhaltiger sind?
Stoffwindeln sind nachhaltiger
Davon bin ich überzeugt aufgrund unserer eigenen Erfahrungen und derer vieler anderer Eltern, die sich mal die Mühe gemacht und mitgezählt haben.
Müllreduktion durch Stoffwindeln
Durch den Gebrauch von Stoffwindeln sparen wir pro Kind einen riesigen Berg an Müll ein. Die Anzahl an Windeln pro Kind liegt zwischen 4.500 und 10.950 Windeln. Je nachdem, wie viel das Kind sich entleert bzw. Eltern wickeln. Pro Kind! Ich habe selber nicht gezählt. Aber bei der verbrauchten Masse an Windeln im ersten Jahr beim ersten Kind, sind diese Zahlen absolut vorstellbar. Die Werte habe ich übrigens von Volker, der im Rahmen eines Blogartikels auf Stephanies Blog zur WindelManufaktur gerechnet und gezählt hat.
Diese Aufstellung der Werte diente einem Kostenvergleich und sollte zunächst belegen, dass sich der Kauf der teurer erscheinenden Wickelalternative aus Stoff lohnt. Ist das Wickeln mit Stoffwindeln wirklich günstiger als der übliche Kauf von Wegwerfwindeln? Ja, denn hinzu kommt die unglaubliche Einsparung an Müll, der schließlich auch bezahlt werden will.
Wasserverbrauch beim Wickeln mit Stoff
Gegen das Reduzieren von sehr, sehr viel Müll wird meist das Argument vorgebracht, dass der Wasserverbrauch durch das Waschen und auch der damit verbundene Stromverbrauch das Ganze weder korrekt zählbar noch tatsächlich nachhaltiger machten.
Nun ja, so einfach ist das nicht. Ich wasche in der Woche zwei- bis dreimal für eine fünfköpfige Familie. Das ist meistens davon abhängig, ob wir gerade krank sind oder die Betten abgezogen werden müssen. Oder, wie zuletzt, wir die Schlafsäcke vor dem Urlaub mal in die Waschmaschine stopfen.
Beim Gebrauch von Stoffwindeln kommt eine Maschine Wäsche in der Woche dazu, höchstens zwei, zu Beginn der Babyzeit – wenn die Minis noch alle 2-3 Stunden gewickelt werden wollen/dürfen/sollen.
Stoffwindeln müssen auch getrocknet werden
Ja, das ist richtig. Gut erkannt. Und das ist auch genau der Punkt, weshalb wir als Familie letztlich nicht das ganze Jahr hindurch mit Stoffwindeln wickeln, sondern im Winter auch auf die Ökovariante an Wegwerfwindeln zurückgreifen.
Bevor wir in unser Haus gezogen sind, hatten wir einen Trockner, der in einem offenen Keller gestanden hat. Das Gerät ist ziemlich alt (30 Jahre), funktioniert aber noch und hat uns in der ersten Zeit die Windeln trocken gemacht. Der Stromverbrauch ist dadurch schon stark angestiegen. Zumindest war mein Empfinden so. Nach unserem Umzug haben wir diesen Trockner nicht mehr anschließen können. Die räumliche Beschaffenheit in unserem Haus gibt das nicht her. Ich müsste sonst permanent sehr nasse Windeln in unseren vier Wänden trocknen, wenn es draußen zu kalt oder zu nass ist. Ich habe es versucht und durch „Antrocknen“ im Herbst und Winter an der Wäscheleine einen Teil der Feuchtigkeit draußen gehalten. Doch das ständige Trocknen im Innern ließ in mir die Befürchtung entstehen, dass es im Haus bzw. in den entsprechenden Räumen feucht wird. Darauf hatte ich so gar keine Lust.
Stoffwindeln sind eklig
Dieser Grund und die damit einhergehenden möglicherweise anstehenden organisatorischen Veränderungen im Alltag sind das eigentliche Argument, das viele nicht weiter über die Verwendung von Stoffwindeln nachdenken lässt.
Stoffwindeln in der Waschmaschine finde ich gar nicht eklig. Ich wasche mit ihnen nicht mein Lieblingsshirt oder Röcke. Selbst bei Handtüchern versuche ich es zu umgehen, wobei das schon eher mal vorkommen kann. Wenn mein Kind Durchfall hat, verzichte ich auch sehr gerne für diese Zeit auf die Stoffalternative. Ansonsten finde ich es überhaupt nicht eklig.
Es ist nicht so, dass ich diesen Gedanken nicht nachvollziehen könnte. Ich kann’s verstehen. In den vergangenen Jahren ist es mir nur sehr häufig passiert, dass ich zumindest versucht habe, diese Hemmschwellen zu überwinden. Im Nachhinein bin ich immer sehr froh gewesen, es zumindest ausprobiert zu haben. Für mich und für meine Familie. Durch das Experimentieren mit Stoffwindeln, Stoffbinden oder den Verzicht auf Haushaltsgeräte wie den Trockner oder einen Mixer, hat sich mein Horizont, meine Improvisation enorm erweitert. Ich habe meine Stoffwindeln schon zweimal verliehen, weil auch ich sie damals erstmal ausgeliehen bekommen habe. Ich bin sehr dankbar, dass meine Freundin mir dieses Paket zugeschickt hat, um es zu testen. Vielleicht besteht ja die Möglichkeit es auf diese Weise zu testen?
Ach so, und die Waschmaschine lasse ich mindestens zweimal im Jahr auch mal nur mit Essig und auf 90°C waschen, um sie zu entkalken und zu säubern. Das würde ich aber auch ohne die Stoffwindeln machen, weil wir sehr, sehr kalkhaltiges Wasser hier haben.
Magst du es vielleicht doch mal ausprobieren? Ich finde es echt nicht ekliger als den Müll anderer Menschen aufzusammeln – eigentlich sogar eher weniger. Da habe ich im Urlaub schon gemerkt, wie groß auch da noch meine Hemmschwellen sind und wie wenig schnell mir das von der Hand geht.
Wer von euch wickelt mit Stoff? Oder hat es mal ausprobiert und einen Kompromiss für sich und seine Familie gefunden?
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Und hier kommt Rachels Frage#3 an mich:
Wo wir gerade beim Müll sind. Ich habe heute einen Artikel über „Coffee-to-go“-Becher gelesen. Schon seit einiger Zeit lese ich immer häufiger von Städten und ganzen Ketten, die das Trinken von Kaffee aus Mehrwegbechern für sich und insbesondere als weitere Verkaufsstrategie entdeckt haben. Immer wieder schließt sich die Diskussion an, ob sich das denn lohnt? Sind die Mehrwegbecher sinnvoller? Sind sie ausreichend hygienisch sauber? Doch nur, wenn sie mehrmals genutzt werden und es einen ökologischen Weg des Reinigens gibt. Manche der Fragen finde ich berechtigt, aber nur um in diesem Sinne nachhaltige Lösungen zu finden. Dass ein Mehrwegbecher natürlich mehrmals verwendet werden sollte, erschließt sich m.E. von selbst.
Was denkst du zu dieser ganzen „Mehrwegbecher oder auch -geschirr-Diskussion“? Meine Frage der Nachhaltigkeit an dich.
Spannende Frage, oder? Meine Antwort darauf gibt es hier.
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